Die Strategien im exemplarischen Test
Nach einem Jahr lässt sich eine erste Zwischenbilanz
ziehen, auch wenn sich damit nichts über den weiteren Erfolg oder Misserfolg
der einzelnen Strategien sagen lässt. Es ist bei Kursentwicklungen wie auch bei
anderen Prognosen generell so, dass man aus der Vergangenheit nicht auf die
Zukunft schließen kann. Und das ist nicht nur eine Formel, mit der Autoren sich
vor möglichen Forderungen von Anlegern schützen wollen, die Testaussagen über
die Vergangenheit falsch verstanden haben und die Lektüre für mögliche eigene
Schäden verantwortlich machen wollen. Es handelt sich vielmehr um einen ganz
unvermeidbaren Tatbestand, da es keine umfassende Theorie über die
Kursbestimmung gibt, ja, man in der Wissenschaft sogar im Gegenteil von rein
zufälligen Kursentwicklungen ausgeht.
Dennoch haben sich 2012 die Kurse sehr unterschiedlich
entwickelt. Das gilt allerdings nicht nur für die betrachteten fünf Strategien,
sondern auch für die breiten Indizes der Deutschen Börse. So konnte er MDax
36,1 % gewinnen, während der SDax nur um 20,5 % stieg. Daraus kann man
allerdings nicht schließen, dass vor allem marktbreite Aktien gut gelaufen
sind, denn der Dax lag mit meinem Gewinn von 31,9 % zwischen den Indexwerten
für die mittleren und kleinen Werten. Vergleichsweise ähnlich ungünstig wie der
SDax schnitt mit 22,8 % der TecDax ab, was vor allem auf einen Absturz der
Solarwerte zurückzuführen ist. Derartige Abweichungen verschiedener Branchen
haben vermutlich auch zu den unterschiedlichen Kursentwicklungen der anderen
Indizes geführt.
2012 hatte daher ein Anleger besonderes Glück, wenn er
sich ein Portfolio aus MDax-Werten aufgebaut hatte, während der Griff zu
SDax-Werten mit einem nur fast halb so großen Kursgewinn belohnt wurde.
Vor diesem komplexen Bild der Kursentwicklungen muss man
die Ergebnisse der Strategien beurteilen, auch wenn es nicht leicht fällt,
dafür den geeigneten Maßstab zu wählen, da die Aktien aller vier Indizes als
Grundgesamtheit für die Auswahl benutzt wurden.
Um die interessierende Frage zu beantworten, ob sich durch
einzelne Strategien Überrenditen gegenüber einer zufälligen Auswahl erreichen
lassen, soll dennoch nicht auf den Mittelwert aus den vier Indizes
zurückgegriffen werden, der bei 27,8% lag.
Auch ohne diese Durchschnittsbildung hätte das Ausnutzen
von Anomalien im Jahr 2012 eine messbare Überrendite gebracht, die deutlich
über dem besten Index, also dem MDax, liegt. Das gilt für die als Synthese
vorgestellte ValueMomentum-Strategie, deren Gesamtrendite mit 42,7% immerhin
6,6 Prozentpunkte über dem MDax lag.
Wenig erfreulich waren hingegen die Ergebnisse für die
Dogs- und die Flying-Dogs-Strategie. Hier scheinen sich die US-amerikanischen
Ergebnisse für den Dow nicht zu wiederholen, was vermutlich an der
unterschiedlichen Konstruktion der Indizes Dow und Dax liegt. Damit ist die
Auswahl der Aktien gemeint, die in den USA nicht nach der Marktbreite der
Gesellschaften, sondern nach einer Repräsentation der wichtigsten Branchen der
US-Wirtschaft durch ein Top-Unternehmen erfolgt.
Daneben gibt es jedoch noch einen weiteren Unterschied,
der bei der Ermittlung der Vergleichsrenditen zu berücksichtigen ist. So
handelt es sich bei den deutschen Indizes anders als beim Dow um
Performance-Indizes, die jeweils die Dividendenausschüttungen einrechnen.
Daher musste für die Testdepots noch eine Korrektur der
reinen Kursrendite durch die Dividendenrendite erfolgen.
Rendite der Strategien im Jahr 2012 (in %)
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wie die Übersicht zeigt, sind die Dividendenausschüttungen
keineswegs nebensächlich bei der Renditeberechnung; denn bei der Dogs-Strategie
trug die Dividende 30% zur Gesamtrendite bei und sogar bei der
Momentum-Strategie, bei deren Definition die Dividende gar keine Rolle spielt,
betrug sie immerhin noch knapp 10 %.
Der Januareffekt
Die fünf Strategien haben sich während des gesamten Jahres
2012, wie die folgende Tabelle zeigt, recht unterschiedlich entwickelt. So fällt für die ersten Monate
der besonders gute Verlauf der Value-Strategie auf, die offensichtlich vom
typischen Januareffekt profitieren konnte, der sich bei zurückgebliebenen Aktien
in der Regel positiv auswirkt. Die Momentum-Strategie erreichte hingegen erst
im Laufe des Jahres ihr insgesamt gutes Ergebnis. Hier musste man also zur Zeit
des Januareffektes nicht unbedingt investiert sein.
Unabhängig von diesen typischen saisonalen Mustern war der
Absturz des Value-Depots in der zweiten Jahreshälfte, der aus den Kursverlusten
der Solarwerte resultierte, der im Fall des Testwertes Centrotherm sogar bis
zur Insolvenz ging.
Dieser Einbruch bei einem virtuellen Testdepot kann als
deutliche Warnung verstanden werden, wenn dieser Wirtschafts-GAU sogar
Gesellschaften treffen kann, deren Value-Indikatoren nur ein halbes Jahr vorher
noch sehr gute Werte besaßen. Hier zeigte sich ganz deutlich, dass Aktien
Riskiopapiere sind und man auch bei einem noch so sorgfältigen Stockpickung
niemals vergessen darf, dass man Aktien auch verkaufen kann. Und das ist, wenn
ein Absturz droht, nicht nur eine Option, sondern ein Gebot.
Zwischenstände für die Strategien im Jahre 2012 (ohne
Dividenden, in %)
Strategie
|
31.1.2012
|
29.2.2012
|
29.6.2012 | 28.12.2012 |
Dogs
|
8,9
|
15,6
|
4,9
|
13,6
|
Flying Dogs
|
5,4
|
11,1
|
6,4
|
18,4
|
Momentum
|
3,5
|
9,8
|
17,4
|
34,4
|
Value
|
11,7
|
21,6
|
-3,4
|
3,9
|
ValueMomentum
|
8,5
|
14,6
|
14,5
|
37,3
|
Für Leser, denen eine potenzielle Überrendite von über
6-Prozentpunkten Lust auf mehr gemacht hat, kann sich im Folgenden über eine
Aktienauswahl für 2013 informieren.
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